Vorratsdatenspeicherung im Freifunk?
Heute ist das bei Industrie, Opposition und Menschenrechtsorganisation umstrittene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) in Kraft getreten. Einige Unternehmungen aus der Internetwirtschaft bereiten bereits Klagen vor oder prüfen derzeit, inwieweit dagegen auf dem Klageweg vorgangen werden kann. Neben Firmen, denen es wohl in erster Linie häufig um die mit der VDS verbundenen Kosten geht, bereitet zum Beispiel die Datenschutzorganisationen Digitalcourage e.V. den Gang nach Karlsruhe vor: Der Verein versammelt derzeit Unterstützer*innen für eine Verfassungsbeschwerde.
Doch was bedeutet die Gesetzesänderung für den Betrieb von Freifunk-Netzen?
Nach unserer Auffassung ändert sich nichts. Zunächst einmal sind die Speicherverpflichtungen spätestens zum 1. Juli 2017 umzusetzen. Bis dahin kann aus dem Vorhaben also noch ein teures „Experiment“ werden, Menschenrechte im fragwürdigen Maße zu untergraben.
„Erbringer“ von öffentlichen TK-Diensten für Endnutzer*innen und daran „Mitwirkende“
Wir, Freifunk Marburg, betreiben für die Marburger Freifunk-Community Gateways – also Zugangspunkte zum Internet. Damit halten wir Betreiber*innen von Freifunk-Knoten den Rücken frei, was deren Haftungsrisiko angeht. Denn leider ist es in Deutschland aufgrund der sogenannten WLAN-Störerhaftung derzeit notwendig, sich von diesem Haftungsrisko „freizukaufen“.
Diese Dienstleistung stellen wir den Betreiber*innen der Freifunk-Knoten in Form von VPN-Zugängen mit geschäftsmäßiger Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit, jedoch unentgeltlich und ohne zugesicherte Leistungseigeschaften zur Verfügung. (Uff. Erst einmal tief einatmen.)
Verpflichtete nach § 113a TKG Abs. 1 Satz 1 sind jedoch „Erbringer öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste für Endnutzer“. Wir sind also nicht Teil dieses Personenkreises, da der Zugang für Endnutzer*innen durch die Knotenbetreiber*innen zur Verfügung gestellt wird.
Heißt das, ich muss die Vorratsdatenspeicherung als Knotenbetreiber*in durchsetzen?
Nach unserer Auffassung nicht. Die Bundesnetzagentur hat im Zusammenhang mit der Meldepflicht von Telekommunikationsdiensten ein Amtsblatt herausgegeben, in dem sie klarstellt, wer unter einem „Bereitsteller“ im Sinne des TKG zu verstehen ist.
Danach fallen in unserem Verständnis Betreiber*innen von Freifunk-Knoten unter die „Mitwirkenden“. Zum einen da sie nur die vorübergehende Nutzung eines TK-Anschlusses anbieten und zum anderen davon auszugehen ist, dass der Aufenthalt von Nutzenden an Freifunk-Knoten in der Regel örtlich und zeitlich begrenzt ist.
Und wie gesagt… Zunächst einmal heißt es für 2016: Abwarten und Freifunk-Knoten aufstellen. 🙂
Bitte beachtet, dass dieser Text keine Rechtsberatung darstellt und diese im Einzelfall auch nicht ersetzen kann. Er spiegelt lediglich unsere Sicht der Dinge wieder, nach der wir in der Marburger Freifunk-Community derzeit arbeiten.
PS: Wusstet Ihr, dass einige Hotspot-Provider bereits heute bei der Datenspeicherung weit über das hinausgehen, was von dem neuen Gesetz zur VDS verlangt wird? Dazu eventuell ein anderes Mal mehr…